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Neuroendokrine Tumoren (NETs) gehören mit fünf bis sechs Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohnern pro Jahr zu den seltenen Krebserkrankungen.* Die oft über Jahre sehr langsam wachsenden NETs haben ihren Ursprung in neuroendokrinen (hormonbildenden) Zellen und werden meist erst nach einigen Jahren des Wachstums bemerkt. Durch ihre Verbreitung im gesamten Körper und die Ausschüttung von Neurotransmittern, Zell-Botenstoffe oder Hormonen kontrollieren sie eine Vielzahl von Körperfunktionen und spielen eine zentrale Rolle in der Interaktion des Nervensystems mit dem endokrinen System. Schütten GEP-NETs verschiedene Hormone aus, werden sie als funktionelle GEP-NETs bezeichnet.
NETs entstehen häufig im gastroenteropankreatischen Trakt und werden daher als gastroenteropankreatische neuroendokrine Tumoren (GEP-NETs) bezeichnet. GEP-NETs können sich im gesamten Verdauungstrakt oder den damit in Zusammenhang stehenden Organen bilden. Auch wenn es sich um eine seltene Form der Krebserkrankung handelt, steigt die Zahl der neu diagnostizierten Patienten kontinuierlich.** GEP-NETs verursachen häufig keine Symptome und sind daher schwierig zu diagnostizieren. Die Diagnose erfolgt oft erst in einem späten, bereits metastasierten Stadium mit begrenzter Möglichkeit die Tumoren chirurgisch zu entfernen. GEP-NETs treten vorwiegend bei Patienten im Alter von 50 bis 60 Jahren auf, wobei Frauen etwa 2,5-mal häufiger betroffen sind als Männer.*
In den meisten Fällen können NETs chirurgisch entfernt werden, ohne dass eine weitere Behandlung erforderlich wäre. Hat der NET jedoch schon in andere Organe gestreut oder sollte eine vollständige chirurgische Entfernung nicht möglich sein, können weitere Behandlungsmöglichkeiten wie Chemotherapie oder gezielte Therapeutika in Betracht gezogen werden.
Tumorstadium und Tumorgrad spielen eine wichtige Rolle bei der Behandlung von NETs. Das Stadium bezieht sich auf den Entwicklungsstand des Tumors und beschreibt, ob er gerade erst entstanden ist oder sich bereits in einem fortgeschrittenen Wachstum befindet und ob er bereits in andere Organe gestreut (metastasiert) hat. Der Tumorgrad gibt Auskunft darüber, wie schnell der Tumor wächst und sich ausbreitet. Indem die abnormen Tumorzellen mit normalen, gesunden Zellen unter dem Mikroskop verglichen werden, kann der Ki-67 Wert bestimmt werden, der als Maß für den Tumorgrad gilt. Die langsam wachsenden und sich verbreitenden Zellen eines niedriggradigen Tumors (niedriger Ki-67-Index) werden auch als "gut differenziert" beschrieben. Zellen eines hochgradigen "schlecht differenzierten" Tumors (hoher Ki-67-Index) wachsen hingegen sehr schnell.
Aktuelle Standardtherapien zur Behandlung von NETs in Bauchspeicheldrüse und Dünndarm sind beispielsweise Somatostatin-Analoga, Chemotherapie, Immuntherapie oder lokoregionale Behandlung (z. B. Zytoreduktionsoperation, Radiofrequenzablation [RFA], lebergerichtete intraarterielle Intervention). Weitere Behandlungen sind die zielgerichtete Immunsuppressionstherapie mit Everolimus, welche die Teilung und das Wachstum von Krebszellen durch die gezielte Blockade des Enzyms mTOR verhindert, eine zielgerichtete Therapie mit Sunitinib, einem Breitband Tyrokinase-Inhibitor, oder eine spezielle Form der zielgerichteten Radionuklidtherapie mit Lutetium-177-DOTATATE (Lutetium-177-Oxodotreotid).*
Zusätzlich zu den Standardtherapien werden neue Behandlungsansätze der Patientenversorgung in klinischen Studien auf ihre Wirksamkeit und Sicherheit untersucht. Ein Bespiel dafür ist die zielgerichtete Radionuklidtherapie mit n.c.a. Lutetium-177-Edotreotid.
* Bryan Oronsky et al., Neoplasia 2017
** Dasari et al., JAMA Oncol 2017
Die Grundlage der Strahlentherapie gegen Krebs ist schon mehr als 100 Jahre alt. 1895 entdeckte Wilhelm Conrad Röntgen die Röntgenstrahlen als eine neue Form der "Strahlung", die später zur Entwicklung vieler diagnostischer Bildgebungsverfahren führte. Mit der Entdeckung der Strahlung natürlicher Stoffe und Chemikalien durch Henri Becquerel und den grundlegenden Arbeiten von Marie Curie zur Radioaktivität wurde 1896 der Weg für den Einsatz radioaktiver Stoffe als medizinische Behandlungsmöglichkeit geebnet. Bald darauf wurden verschiedene Strahlentherapieansätze für eine Vielzahl von Krankheiten, oft auch Krebs, untersucht und entwickelt.
Wie kann die Strahlentherapie genutzt werden, um Tumorzellen gezielt anzugreifen?
Im Gegensatz zur herkömmlichen externen Strahlentherapie, bei der der Tumor von außen bestrahlt wird, ist die zielgerichtete Radionuklidtherapie eine spezielle Behandlungsmethode aus der Präzisionsonkologie, bei der das Radiopharmazeutikum dem Patienten injiziert wird und im Körper präzise und zielgerichtet die Tumorzellen erkennt. In den letzten Jahrzehnten haben biomedizinische Untersuchungen zu verschiedenen Tumoreigenschaften und tumorbindenden Molekülen zur Weiterentwicklung der Strahlentherapie in Richtung der Präzisionsonkologie und zur Entwicklung der zielgerichtete Radionuklidtherapie beigetragen.
Bei der zielgerichteten Radionuklidtherapie werden Radiopharmazeutika eingesetzt, die aus einem medizinischen Radioisotop bestehen, das durch die Emission einer sehr geringen Strahlungsmenge zur Zerstörung der Tumorzellen verwendet wird und einem tumorspezifischen Zielmolekül, dass nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip an tumorspezifische Oberflächenrezeptoren bindet, die in hohem Maße auf dem Tumor zu finden sind. Das therapeutische Radioisotop reichert sich im Bereich des Tumors an und zerfällt, wodurch medizinische Strahlung, die den Tumor zerstört, in einem maximalen Radius von 1,7 mm abgegeben wird. Durch das hochpräzise Einbringen des Radioisotops können Auswirkungen auf das gesunde, umgebende Gewebe auf ein Minimum reduziert werden. Das Radiopharmazeutikum wird im Labor unter GMP-Bedingungen (Gute Herstellungspraxis, Good manufacturing practice) – also nach strengsten, internationalen Richtlinien – hergestellt.
Bei dem Radiopharmazeutikum, das in den klinischen Phase-III-Studien COMPETE und COMPOSE untersucht wird, handelt es sich um n.c.a. Lutetium-177-Edotreotid. Es besteht aus zwei Teilen: Hauptbestandteil des Therapeutikums ist das medizinische Radioisotop, n.c.a. Lutetium-177 (n.c.a.: no-carrier-added; dt. ohne Trägerzusatz), das durch die Emission einer sehr geringen Strahlungsmenge zur Zerstörung der Tumorzellen verwendet wird. Den zweiten Bestanteil bildet Edotreotid, ein zielgerichtetes synthetisches Biomolekül, entwickelt basierend auf dem körpereigenen Hormon Somatostatin, das sich spezifisch gegen neuroendokrine Tumorrezeptoren richtet.
Der Neurotransmitter Somatostatin reguliert das endokrine Hormonsystem des menschlichen Körpers, indem er an Somatostatin-Rezeptoren auf der Oberfläche gesunder neuroendokriner Zellen bindet. Neuroendokrine Tumorzellen besitzen häufig eine erhöhte Anzahl an Somatostatin-Rezeptoren auf ihrer Oberfläche, wodurch sie sich einfach von gesunden neuroendokrinen Zellen unterscheiden lassen.* Die zielgerichtete Radionuklidtherapie nutzt diese Tatsache zur Behandlung von NETs. Genau wie das natürlich produzierte Hormon Somatostatin bindet Edotreotid an die Somatostatin-Rezeptoren, sodass sich das therapeutische Radioisotop an den neuroendokrinen Tumorzellen anreichert und von ihnen aufgenommen wird. Dabei zerfällt das medizinische Radioisotop und gibt, in einem maximalen Radius von 1,7 mm, Energie an das Gewebe ab, wodurch der Tumor gezielt zerstört wird. Durch das hochpräzise Einbringen des Radioisotops können Auswirkungen auf das gesunde, umgebende Gewebe auf ein Minimum reduziert werden.
* Papotti et al., 2002, Virchows Archiv 440(5): 461-75
Bitte beachten Sie, dass n.c.a. Lutetium-177-Edotreotid zum aktuellen Zeitpunkt in keinem Land zum Vertrieb zugelassen ist.
Klinische Studien sind fester und wichtiger Bestandteil bei der Entwicklung neuer Behandlungsmöglichkeiten. Dabei können sich Patientinnen und Patienten freiwillig für die Teilnahme entscheiden. Die Studien unterliegen einem strengen Prüfplan, um die Sicherheit der Studienteilnehmer zu gewährleisten.
Für die Genehmigung einer klinischen Studie durch eine Gesundheitsbehörde wie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) oder die U.S. Food and Drug Administration (FDA), muss zunächst die Sicherheit der Therapie in einer präklinischen Studie nachgewiesen werden. Dabei wird die zu prüfende Substanz im Labor auf mögliche schädliche Wirkungen getestet, bevor sie an Patienten getestet werden darf. Nachdem das Medikament von den zuständigen Behörden als sicher eingestuft wurde, wird es für die klinische Studie zugelassen. Diese ist in drei Phasen aufgeteilt, in denen die Wirksamkeit und Sicherheit der zu prüfenden Substanz an einer wachsenden Zahl von Patienten untersucht wird.
Der Prozess der Arzneimittelentwicklung durchläuft in der Regel vier Phasen, in denen die Wirksamkeit und Sicherheit der Substanz über viele Jahre hinweg an einer steigenden Zahl Patienten untersucht und bewertet wird. Wenn das Medikament die klinischen Phasen (I, II und III) erfolgreich durchläuft, wird es in der Regel von der nationalen Zulassungsbehörde für den routinemäßigen Einsatz in der allgemeinen Bevölkerung zugelassen.
Sie möchten sich näher über klinische Studien informieren? Dann finden Sie weitere Informationen, Hintergründe und Abläufe hier:
https://www.centerwatch.com/clinical-trials/overview
https://www.clinicaltrials.gov/ct2/about-studies/learn
Für zusätzliche Informationen zu laufenden Studien, besuchen Sie die folgenden Webseiten oder wenden Sie sich an Ihren behandelnden Arzt oder eine Patientenorganisation:
https://www.clinicaltrials.gov/
https://www.clinicaltrialsregister.eu/